Als Selbstversorger bieten sich nicht nur der Anbau von Gemüse und Obst und die Haltung von Nutztieren an. Es ist ebenfalls möglich, im eigenen Garten oder Gewächshaus verschiedene Getreidearten- und Sorten anzubauen. Diese können Sie nicht nur zum Kochen und Backen verwenden, sondern als Futtermittel oder zum Anlegen eines Notvorrats.
Getreidesorten- und Arten
Wenn Sie auf der Suche nach dem passenden Getreide für Ihren Nutzgarten sind, haben Sie die Auswahl aus einer Vielzahl von Arten und deren Sorten. Wissen Sie zum Beispiel, was der Unterschied zwischen Weich- und Hartweizen ist oder das es mehrere Hirsesorten gibt, von denen eine sogar komplett glutenfrei ist? Je mehr Sie über die einzelnen Getreidearten- und Sorten Bescheid wissen, desto einfacher ist es, diese in den eigenen Garten zu integrieren. Hierbei gibt es jedoch einen großen Unterschied zwischen den echten Getreidearten und dem sogenannten Pseudogetreide:
- Echtes Getreide: damit sind Getreidesorten aus der Familie der Süßgräser (bot. Poaceae) gemeint
- Pseudogetreide: Getreidesorten, die ähnliche Eigenschaften ausweisen, aber nicht zu den Süßgräsern gehören
Ein klassisches Getreide ist natürlich Weizen, ein Pseudogetreide dagegen wäre Buchweizen, der trotz seines Namens kein Süßgras, sondern ein Knöterichgewächs (bot. Polygonaceae) ist. Echtes und Pseudogetreide lassen sich auf viele Weisen ähnlich nutzen, wobei die Pseudogetreide aufgrund ihrer Eigenschaften dennoch kaum zum Backen verwendet werden. Die größte Bedeutung in Mitteleuropa haben vor allem Weizen und Roggen, in Asien Reis und in Amerika schließlich Mais. All diese Arten und Sorten können Sie sich im eigenen Garten zunutze machen und in Ihre Ernährung effektiv integrieren. Das Beste: Selbst wenig Getreidepflanzen im Garten liefern recht hohe Ernteerträge, was diese für Selbstversorger folglich ideal macht.
Weizen
Mit Weizen (bot. Triticum) findet sich das europäische Getreide schlechthin. Das Getreide wird für eine Vielzahl von Anwendungen genutzt, sei es zum Backen von Brot, bei der Herstellung von Nudeln oder ebenso als Futtermittel für Tiere. Fünf Weizenarten werden vom Menschen genutzt, die Sie indes problemlos als Selbstversorger anbauen können. Diese unterscheiden sich vor allem in ihrer Verwendung:
- Weichweizen: wird zu Mehl für Backwaren aller Art verarbeitet, bekannt als „Brotweizen“
- Hartweizen: wird zu Teigwaren wie Nudeln verarbeitet
- Emmer: Urform des Weizens, die besonders nährstoffreich und für den Direktverzehr geeignet ist
- Einkorn: eine weitere Urform des Weizens, äußerst nahrhaft, wird für Teigwaren und Bier verwendet
- Dinkel: wird für Teig- und Backwaren verwendet
Weizen ist schwieriger anzubauen, als am Anfang gedacht. Aus diesem Grund ist Weizen nicht für den Einsteiger in den Getreideanbau geeignet. Weitere Infos:
- Wuchshöhe: 50 – 100 cm
- Erntezeit: Juli
- anspruchsvoll
- Boden: nährstoffreich und schwer
- winterhart bis -20°C
Tipp: Weizen wird entweder als Winter- oder Sommerweizen ausgesät, was deutlich die Erträge beeinflusst. Während Sommerweizen im Frühling ausgesät wird, dadurch pflegeleichter ist und geringere Erträge liefert, ermöglicht Winterweizen nach der Aussaat im Herbst eine reiche Ernte, benötigt aber mehr Pflege.
Gerste
Gerste (bot. Hordeum vulgare) ist eine typische Zutat für Bier und wird häufig als Viehfutter, seltener jedoch dem Menschen zum Verzehr angeboten. Hordeum vulgare gehört zu den ältesten Getreidesorten und ist äußerst einfach anzubauen. Selbst für Anfänger unter den Selbstversorgern ohne viel Kenntnisse ist dies kein Problem und dem Weizen übrigens vorzuziehen. Die Grannen der Ähren sind rau und erinnern vom Gefühl an Sandpapier, wodurch sie schließlich gut vom Roggen unterschieden werden kann. Zudem stehen die Grannen gerade nach oben ab. Weitere Informationen:
- Wuchshöhe: 70 – 120 cm- Erntezeit: Ende Juni – Ende Juli
- anspruchslos und wetterfest
- Boden: feucht und tiefgründig
- winterhart bis -15°C
- kann als Sommer- oder Wintergerste angebaut werden
- Futterempfehlung: Schweine, Hühner
Hafer
Hafer (bot. Avena) ist einer der Klassiker unter den Getreidesorten. Er kann zu Haferflocken, Mehl und sogar einem veganen Milchersatz verarbeitet werden. Hafer gedeiht besonders einfach und wächst wie wild, vor allem wenn es feucht ist. Zudem ist selbst gezogener Hafer deutlich gesünder, da belastete Böden den Geschmack und die Konzentration der Inhaltsstoffe deutlich beeinflussen. Mit Hafer findet sich eine gute Alternative für Einsteiger, die Getreidearten als Selbstversorger anbauen wollen. Leicht zu unterscheiden ist Hafer an den Rispen. Die Pflanze trägt keine Ähren. Weitere Infos:
- Wuchshöhe: 60 – 150 cm
- Erntezeit: Juli bis Ende August
- anspruchslos
- benötigt viel Regen
- Boden: lehmig oder leicht
- winterhart bis -20°C
- bietet sich gut als Pferdefutter an
Tipp: Hafer ist ideal für Regionen mit viel Regen, denn die Pflanze toleriert sogar dauerhaft nasse Böden.
Reis
Reis (bot. Oryza sativa) ist eine der schwersten Getreidearten, für die Sie sich im eigenen Garten entscheiden können. Der Grund: Reis benötigt eine konstant hohe Luftfeuchtigkeit und verbraucht selbst im Trockenanbau viel Wasser. In Deutschland ist eine Anzucht nur im Gewächshaus möglich, da ein zu trockener oder zu kalter Sommer schnell zum Verenden der Pflanze führen kann. Einzigartig an Reis sind die zahlreichen Sorten, die sich auf über 100.000 erstrecken, von denen zahlreiche folglich nur in bestimmten Regionen der Erde angebaut werden. Ein Großteil dieser Sorten, die der Mensch verwendet, stammen von der Art Oryza sativa, der ebenfalls als der asiatische Reis bekannt ist. Unterteilt werden sie in die folgenden drei Gruppen, die Länge und Anwendung bestimmen:
- Langkornreis: Länge von min. 6 mm, verwendet für herzhafte Gerichte
- Mittelkornreis: Länge von 5,2 bis 6 mm, wird für Gerichte wie Milchreis oder Risotto verwendet
- Rundkornreis: Länge bis 5,2 mm, meist klebriger, gut geeignet für Paella, Sushi oder Reisbällchen
Die einzelnen Gruppen werden aus verschiedenen Unterarten von Oryza sativa gewonnen. Sie können dadurch gezielt eine Form von Reis anbauen und diese speziell für bestimmte Gerichte nutzen. Wenn Sie zum Langkornreis bevorzugen, bauen Sie Oryza sativa ssp. indica an, da dieser nicht klebt. Oryza sativa ssp. japonica dagegen ist der klassische Rundkornreis, der schon nach botanischen Bezeichnung am häufigsten von den Japanern verwendet. Mittelkornreis wäre die Unterart Oryza sativa ssp. javanica, jedoch fallen manchmal längere Japonica-Varianten ebenfalls unter diese Bezeichnung. Ein Vorteil an Reis sind die hohen Erträge, sobald der Anbau funktioniert. Zudem ist Reis an sich glutenfrei, was den Verzehr für empfindliche Menschen möglich macht. Weitere Infos:
- Wuchshöhe: 50 – 160 cm
- Erntezeit: Mitte September – Ende Oktober
- anspruchsvoll in Bezug auf Standort und Klima
- winterhart bis -20°C
Tipp: Oryza sativa ist nicht die einzige Art von Reis, die Sie anbauen können. Der Afrikanische Reis (bot. Oryza glaberrima) ist die einzige kultivierte Art Reis, die aus Westafrika stammt und ebenso schwierig wie Oryza sativa in Mitteleuropa anzubauen ist.
Hirse
Hirse (bot. Panicum miliaceum) war über lange Zeit die wichtigste aller Getreidesorten. Heutzutage wird sie nur geringfügig genutzt, ist aber aufgrund der Anspruchslosigkeit besonders gut für die ersten Schritte im Anbau von Getreidesorten geeignet. Zudem liefert das Getreide für den Privatverbrauch hohe Erträge, was sich wirklich lohnt. Unterschieden wird in zwei Hauptgruppen, die beide für den Eigenanbau geeignet sind:
- Sorghumhirsen (bot. Sorghum): hohe Erträge, große Körner, etwa 30 Arten
- Millethirsen (bot. Paniceae): kleinere Erträge, kleine Körner, über 1.500 Arten
Beide Gruppen sind sehr gesund, bieten sich als Tierfutter, zum Kochen, zur Herstellung von Süßspeisen, als Faserlieferant und sogar Brauen von Bier und Spirituosen an. Sie ist sehr vielseitig und deutlich zu unterscheiden von anderen Getreidearten. Weitere Infos:
- Wuchshöhe: 300 – 500 cm
- Erntezeit: Anfang September
- äußerst anspruchslos an Boden und Klima
- winterhart bis -20°C
- wird gerne als Vogelfutter verwendet
- glutenfrei
- möglicher, nachwachsender Rohstoff für Biomasse
Mais
Wenn Sie sich für Mais (bot. Zea mays) entscheiden, sollten Sie nicht zu nass wohnen. Die Pflanze ist besser geeignet für gemäßigte und wärmere Klimas. Mais liefert hohe Erträge und die Pflanzen lassen sich ohne viel Wissen im eigenen Nutzgarten kultivieren. Gerade der Zuckermais (bot. Zea mays Saccharata) ist zu empfehlen, da dieser besonders pflegeleicht und anspruchslos ist. Kinder können hier sogar bei der Ernte mithelfen, da die Kolben problemlos zu entfernen sind. Sobald sich die Haare der Kolben braun färben, ist der Zeitpuntk der Ernte gekommen. Weitere Infos:
- Wuchshöhe: 100 – 300 cm
- Erntezeit: Mitte Septemer – erste Oktoberwoche
- anspruchslos an den Standort, hohe Ernteerträge in nährstoffreichen Böden
- gut geeignet für sehr trockene, heiße Gebiete
- glutenfrei
- wird frisch oder gekocht für den Verzehr verwendet
Roggen
Roggen (lat. Secale cereale) gehört zu den beliebtesten Getreidesorten in kühleren Gebieten, da dieses gut winterhart ist und sich problemlos anbauen lässt. Secale cereale wird häufig mit Gerste verwechselt, da beide Getreidearten über lange Grannen an den Ähren verfügen. Jedoch sind die Roggenähren weicher, länglich und in einem grauen Farbton gehalten. Aus Roggen können Sie Vollkorn- oder Schwarzbrot herstellen, denn es steckt voller Ballaststoffe, die gut für Ihre Verdauung sind. Weitere Infos:
- Wuchshöhe: 120 – 200 cm
- Erntezeit: Mitte Juli – Anfang September
- anspruchslos
- gut für den Anbau in nördlichen Gebieten geeignet
- toleriert Trockenheit äußerst gut
- winterhart bis -25°C
- auf Roggenmalz wird Whiskey hergestellt
Pseudogetreide
Die bisher beschrieben Getreidesorten sind das klassische Getreide, welches zu den Süßgräsern gehört. Neben diesen finden sich wie oben erwähnt die Pseudogetreide, die wie Getreide genutzt werden, dafür aber zu anderen Familien gehören. Diese haben sich über die Jahrtausende in vielen Teilen der Welt etabliert und lassen indes sich gut im eigenen Nutzgarten anbauen:
- Leinsamen (bot. Linum usitatissimum): Nahrungsmittel und Faserpflanze
- Amarant (bot. Amaranthus): glutenfrei
- Hopfen (bot. Humulus): wird ausschließlich zum Bierbrauen verwendet
- Quinoa (bot. Chenopodium quinoa): glutenfrei
- Buchweizen (bot. Fagopyrum): enthält alle für den Menschen essentiellen Aminosäuren
- Chia (bot. Salvia hispanica): ertragreich
Pseudogetreide liefert hohe Erträge und ist mit Nährstoffen gespickt. Hopfen, Leinsamen und Buchweizen lassen sich im Vergleich zum amerikanischen Pseudogetreide deutlich leichter anbauen. Sie sind an die heimischen Temperaturen gewöhnt und müssen deshalb nicht im Gewächshaus angebaut werden.
Tipp: Mit Pseudogetreide lassen sich nicht nur zahlreiche, exotische Gerichte zubereiten, wie zum Beispiel ein proteinreicher, süßer Chia-Pudding. Aus Hopfen brauen Sie eigenes Bier, Leinsamen kann zu Brot und Buchweizen zu Teigwaren verarbeitet werden.
Triticale
Ein besonderes Getreide ist Triticosecale, bekannt unter dem Namen Triticale. Bei diesem Korn handelt es sich nicht um eine natürliche Getreideart, sondern einen Zuchthybriden aus Roggen und Weizen. Für diesen Hybriden werden weibliche Weizen- und männliche Roggenpflanzen miteinander gekreuzt, was schon seit dem 19. Jahrhundert der Fall ist. Je nach Bodenbeschaffenheit kommen dabei stärker das Roggen- oder Weizenaroma zum Vorschein. Gekreuzt wurden diese beiden Getreidearten schließlich, um auf nährstoffarmen Böden in Mitteleuropa die Erträge zu erhöhen. Zugleich ist Triticale deutlich anspruchsloser als Weizen und ebenso ertragreicher als Roggen. Das macht das Getreide indes gut für Anfänger oder Selbstversorger, deren Böden ungeeignet für andere Getreidearten sind. Weitere Informationen wie folgt:
- Wuchshöhe: 60 – 120 cm
- Erntezeit: Mitte Juli – Ende August
- anspruchslos
- winterhart bis -20°C
- Nutzung: Körnerfutter, Backwaren (Sauerteig)